Wärmepumpen Manifest

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Angesichts der zunehmenden dramatischen Wetterereignisse tritt die Notwendigkeit einer aktiven Klimaschutzpolitik immer mehr zutage. Die Energiewende gewinnt neue Aktualität und Aufmerksamkeit auch von Politikern.

Leider ist dabei ein Hang zu scheinbar bequemen und schnell realisierbaren Lösungen, die in der Bevölkerung auf kaum oder nur wenig Widerspruch stossen, festzustellen.

Im Falle der elektrischen Wärmepumpen leistet die Wissenschaft zudem fatalerweise Vorschub.

Zukunftsszenarien

Mittels einer elektrischen Wärmepumpe kann die Umweltwärme aus Luft, Erdreich, Wasser, Sonne durch Zuführung elektrischer Energie gewonnen und für die Raumheizung und Warmwasserbereitung in Gebäuden nutzbar gemacht werden.

Studien zum Beispiel der Agora Energiewende fordern für 2030, dass sich die Zahl der Elektro-Wärmepumpen auf mindestens fünf bis acht Mio. steigert und für 2050 sollen es 15,6 Mio. sein, also ca. dreiviertel aller Heizungsanlagen. Dies wird für notwendig erachtet, damit die Klimaschutzziele der Bundesregierung für 2030 resp. 2050 erreicht werden können.

Bei diesen Szenarien, in denen die Wärmepumpen als in jeder Hinsicht überlegene Technik dargestellt werden, wird jedoch eine Reihe von ernsten Problemen dieser Technologie übergangen, deren Lösungen grösstenteils nicht absehbar sind.

Idealisierte Annahmen

Die Studien beziehen sich auf eine Leistungszahl, auch Coefficient of Perfor-mance (COP) genannt, anstelle der Jahresarbeitszahl (JAZ). Sie soll künftig einmal Werte von 5,7 (Sole/Erde) bzw. 4,9 (Luft) erreichen. Beide Kenngrössen stellen das Verhältnis von Wärme am Ausgang einer Wärmepumpe zum notwendigen Strom an deren Eingang dar. Je höher der Wert, desto energieeffizienter arbeiten Wärmepumpen. COP und JAZ verhalten sich aber so ähnlich wie die Labortests bei den Dieselfahrzeugen zu deren tatsächlichen Abgaswerten: Der COP wird unter Idealbedingungen gemessen und hat mit der Realität kaum etwas zu tun. Die JAZ wird dagegen im realen Betrieb gemessen und gibt deshalb auch Auskunft über den tatsächlichen elektrischen Verbrauch einer Wärmepumpe.

Feldtests kamen auf JAZ-Werte für Luft-Wärmepumpen von 2,8 bzw. 2,9; im Modellversuch des Effizienzhauses Plus waren es maximal sogar nur 2,3. Von einem „energieeffizienten“ Wärmepumpensystem kann man aber erst sprechen, wenn die JAZ mindestens 4 beträgt und dies auch im Dauerbetrieb aufrechterhalten werden kann.

Energieineffiziente Hybridsysteme und Einbaufehler

Diesen Wert werden Luft-Wärmepumpen auch in Zukunft nicht erreichen, selbst wenn sie mit Erdgas-Brennwertkesseln kombiniert und bei grosser Kälte abgeschaltet werden. Es ist auch mehr als zweifelhaft, ob unter den gegebenen Rahmenbedingungen die notwendige Gebäudeeffizienz, die als Voraussetzung für den Einsatz dieser Wärmepumpen-Variante unterstellt wird, in dieser Geschwindigkeit für den Grossteil der Bestandsgebäude erreicht wird. Es ist deshalb kaum nachzuvollziehen, dass in einer neueren Agora-Studie das gegenwärtige Absatzverhältnis von Luft- zu Erdreich-Wärmepumpen von 70 : 30 weiter unterstellt wird.

Erdreich-Wärmepumpen weisen zwar wesentlich höhere JAZ auf, es ist aber kaum vorstellbar, dass sich, zumal in dicht besiedelten Gebieten, eine grössere Zahl von Hauseigentümern für die aufwendige (und kostenträchtige) Installation einer Erdreich-Wärmepumpe im Bestandsgebäude entscheiden wird.

Elektro-Wärmepumpen sind seit über 40 Jahren auf dem Markt. Umso mehr muss es verwundern, wenn es bei der Planung und dem Einbau immer noch zu gravierenden Fehlern kommt, die die erwartete Energieeinsparung weiter schmälern bzw. in ihr Gegenteil verkehren. Eine Umfrage zur Fehlerhäufigkeit bei der Planung und Ausführung von Wärmepumpen bei Sachverständigen kam zu dem Ergebnis, dass sich fast ein Drittel der geprüften Anlagen als irreparabel erwiesen, die Hälfte der Probleme bereits in den ersten beiden Jahren auftauchten und die Kosten der Mängelbeseitigung im Durchschnitt 13.000Euro betrugen.

Fragliche Flexibilität

Den Wärmepumpen werden nicht nur individuelle, sondern auch volkswirtschaftliche Vorteile zugeschrieben, die sie aber in Wirklichkeit nicht bzw. nicht in dem notwendigen Mass besitzen. So wird ihnen die Flexibilität zugeschrieben, dass sie, versehen mit einer Leistungsregelung und einem Pufferspeicher, unabhängig vom aktuellen Wärmebedarf, stromgeführt betrieben werden könnten.

Wärmepumpen sollten also in der Lage sein, Überschüsse aus der Stromproduktion erneuerbarer Energien in Wärme umzuwandeln und diese ggf. in Pufferspeichern zwischenzulagern. Ist die Stromnachfrage dagegen höher als die Stromproduktion erneuerbarer Energien, dann schaltet man die Wärmepumpe ab und entnimmt die Wärme dem Pufferspeicher.

Diese Betrachtung lässt aber ausser Acht, dass zum einen der Betrieb des Pufferspeichers die Energieeffizienz der Wärmepumpe weiter absenkt und dem Nutzer Kosten verursacht und zum anderen bei tiefen Aussentemperaturen die volle Leistung der Wärmepumpe erforderlich wird.

Anteil der erneuerbaren Energien stagniert

Bei allen Prognosen und Szenarien unterstellen die Autoren, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung kontinuierlich steigen wird. Derzeit stagniert der Anteil jedoch bei ca. 38 %. Wie ein Anstieg auf fast das Doppelte in gut zehn Jahren erreicht werden soll, ist eine offene Frage. Der Grund: Die Bundesregierung setzt ihre restriktive Politik gegenüber erneuerbaren Energien unvermindert fort.

Selbst wenn die erforderliche Umstellung der Stromproduktion auf erneuerbare Energien in dem gewünschten Mass erfolgen würde, so passen die zeitlichen Strukturen der Wärmepumpennachfrage und der Erzeugung von Photovoltaik- und zeitweise auch Windstrom nicht zusammen.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Strombedarf der Wärmepumpen aktuell und noch auf Jahrzehnte durch (Steinkohle-)Mittellastkraftwerke gedeckt werden muss. Kohlekraftwerke sollen nach den Vorstellungen der Kohlekommission erst bis 2038 abgeschaltet werden. Dieses Problem relativieren die Autoren mit dem Hinweis, dass die Wärmepumpen die noch ineffizienteren elektrischen Direktheizungen ersetzen werden und damit deren Kapazität zur Verfügung stünde.

Zusätzliche Kraftwerke erforderlich

Der in den Szenarien geplante Wärmepumpenausbau steht jedoch in keinem Verhältnis zu der künftig notwendigen Kraftwerkskapazität. Der Betrieb der Wärmepumpen im Winter wird auf jeden Fall eine zusätzliche Residuallast verursachen, die durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden muss. Das Problem verschärft sich in der Situation sogenannter „Dunkelflauten“, also Zeiten, in denen die Sonnen- und Windenergie auf Grund von entsprechenden Wetterbedingungen kaum oder gar keinen Strom produzieren und gleichzeitig anhaltende Kälte herrscht.

Zusätzlich ist zu bedenken, dass der Strombedarf von Wärmepumpen in solch einer Kälteperiode auf Grund der schlechten Jahresarbeitszahlen besonders hoch ist. Er muss auf jeden Fall durch gesicherte und regelbare Kraftwerksleistung abgesichert werden.

Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion hängt auch die Emissionsintensität der Wärmepumpen zusammen. Hier wird der Wärmepumpe bereits für 2030 ein ausserordentlich ehrgeiziger Wert von 220 g CO2/kWh zugerechnet, ein Wert, der weniger als die Hälfte des heutigen durchschnittlichen Strommixes betragen würde und als utopisch gelten darf. Denn die Autoren berücksichtigen nicht die zuvor angeführten Faktoren und beachten nicht, dass es sich beim Wärmepumpenstrom nicht um eine gleichmässig über das Jahr bzw. den Tag verteilte Last handelt.

Wie aufgeführt, gibt es auch keinen parallelen Verlauf zwischen der Stromnachfrage der Wärmepumpe und der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien.

Wärmepumpen keine Schlüsseltechnologie

Somit wird der Stromverbrauch durch die gewünschte Zahl der Wärmepumpen mitnichten „nur einen geringen Zuwachs“ erfahren.

Die Bundesregierung hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, bis 2050 den Stromverbrauch um 25 % zu vermindern. Dieses Ziel steht nicht für sich, sondern ist im Zusammenhang mit der Reduzierung des Primärenergieverbrauchs zu sehen, der bis zu diesem Zeitpunkt mindestens halbiert werden sollte. Wie dies zu erreichen ist, wenn nicht nur der Verkehrssektor, sondern auch noch der Wärmebereich elektrifiziert werden soll, wie es die Studien fordern, bleibt rätselhaft.

Wärmepumpen sind keine „Schlüsseltechnologie“ und keine Leittechnik in der Energiewende, wenngleich sie durchaus einen Beitrag zur Energiewende leisten können, zum Beispiel als erdgekoppelte Wärmepumpen, gekoppelt mit Solarkollektoren, als Gross-Wärmepumpen in Wärmenetzen oder wenn Abwärme genutzt wird.

Es ist deshalb dringend geboten, von der Überhöhung dieser Technologie Abstand zu gewinnen. Stattdessen sollten verschiedene Massnahmen unternommen werden, um sie als effiziente Technologie zu etablieren und ihre Vorteile nutzbar zu machen:

  • wirksame Massnahmen zur Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierung, um die Grundvoraussetzung für die Anwendung effizienter Technologien zu schaffen: Gebäude mit geringstem Wärmebedarf
  • eindeutige Effizienzvorgaben für die Wärmepumpen von mindestens 4,0 gemäss VDI 4650, ab 2025  von 4,5 in allen Rechtsvorschriften und bei Förderungen, Nachweis und Kontrolle der Einhaltung dieser JAZ, nachschüssige Auszahlung der Förderung
  • verbindlicher Einbau von kalibrierten und zertifizierten Wärmemengenmessgeräten, regelmässige Kontrolle der Werte im Zuge der Heizungswartung

  •  

     Verbot treibhausgasrelevanter Kältemittel

  • verstärktes Angebot von unabhängigen Schulungen, Fort- und Weiterbildungen für die Planer und Handwerker bei ihren Verbänden
  • Forcierung von umwelt- und sozialverträglichen Quartierskonzepten mit flexibler Kraft-Wärme-Kopplung,
  • Weiterentwicklung der Power-to-Gas-Technologie.

Dr. Falk Auer

vormals Ingenieurbüro NES (Neue-Energie- Systeme)
nes-auer@t-online.de

Dipl.-Ing. Werner Eicke-Hennig

Energieinstitut Hessen, ehemaliger Leiter der Hessischen Energiesparaktion

Dr. Werner Neumann

Sprecher des Bundesarbeitskreises Energie im wiss. Beirat des BUND, vormals Leiter des Energiereferats der Stadt Frankfurt am Main

Dipl. Volkw. Gabriele Purper

vormals zuständig für Energieeffizienz im Hessischen Umweltministerium

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